RA Friedemann Däblitz, [12.12.20 01:12]
Kernpunkte sind neben einem formalen Fehler, der dem Ordnungsamt unterlaufen ist und der vor wenigen Wochen in Baden Württemberg bereits für sich allein dazu geführt hat, dass rechtswidrige Auflagen aufgehoben werden mussten, die Folgenden:
- Die Hessische Coronaverordnung verletzt die Menschenwürde. Der Coronaverordnung liegt eine verfassungswidrige Lesart des Tatbestandsmerkmals “Ansteckungsverdacht” zu Grunde. Nach dieser ist nämlich jeder ansteckungsverdächtig, qua seines bloßen Menschseins, welches natürlich umfasst, mit anderen in sozialen Kontakt zu treten. Nach dieser Lesart verliert das Merkmal Ansteckungsverdacht jegliche Unterscheidungskraft (weil wir Menschen soziale Wesen sind, geraten wir automatisch, unterschiedslos und ausnahmslos, also Alle unter Ansteckungsverdacht), weshalb eine solche Lesart verfassungswidrig ist; denn sie macht jeden Menschen qua Menschsein zu einer einzuhegenden Gefahr und damit zu einem bloßen Objekt staatlichen Handelns, was die Menschenwürde verletzt.
- Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat das Grundrecht des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es auf keines der folgenden Argumente auch nur mit einem Wort eingegangen ist:
a) Nach aktuellem wissenschaftlichen Stand treten im Außenbereich, also außerhalb geschlossener Räume, nahezu keine Ansteckungen auf. Von über 7000 beobachteten und dokumentierten Infektionen fand nur eine einzige im Außenbereich statt.
b) Die der Verbotsverfügung zugrunde gelegten „Inzidenzen“ sind nicht aussagekräftig, weil sie weder dem, was nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zur Annäherung an tatsächliche Infektionszahlen ermittelt werden könnte, noch der gesetzlichen Legaldefinition von „Infektionen“ entsprechen. Die aktuell übermittelten Fallzahlen ohne Korrekturen, wie etwa die Festlegung eines wissenschaftlich nachvollziehbaren Ct- Wertes oder einer zusätzlichen klinischen Diagnostik, die das Ergebnis des PCR- Tests bestätigt oder nicht bestätigt, sind kein rechtlich zulässiger Anknüpfungspunkt. Die aktuelle Anknüpfung an die Anzahl der positiven Testergebnisse ist vielmehr unwissenschaftlich und damit willkürlich.
c) Auch die Zahl der „Corona-Patienten“ auf Intensivstationen ist für sich genommen nicht aussagekräftig. Der Grund lässt sich unter b) nachlesen.
d) Die Angabe von mehr als 400 Todesfällen pro Tag in Deutschland, die mit Corona assoziiert werden, ist – gerade unter Berücksichtigung der unter c) und b) nachzulesenden Ausführungen – für sich genommen nicht aussagekräftig und widerspricht damit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Sachlichkeitsgebot.
e) Die dramatisch klingende Einschätzung des Gesundheitsamtes Frankfurt, die intensivmedizinischen Kapazitäten wären am Rande ihrer Kapazitäten, klingt weniger damatisch, wenn man eine plausible Erklärung für die Abnahme der Summe an regulär zur Verfügung stehenden Intensivbetten in Hessen seit dem 20. Oktober bis zum heutigen Tage in Betracht zieht: Fehlanreize im Bevölkerungsschutzgesetz, an denen sich die wirtschaftlich operierenden Krankenhäuser bei der Bettenbelegung zu orientieren haben. Außerdem sind die Intensivstationen im Winter regelmäig am Rande ihrer Kapazitäten.
- Es ist mindestens tragisch, dass die Ausführungen des Antragstellers hinsichtlich der heilsamen Wirkung von sozialen Kontakten für ein gesundes Immunsystem vom Verwaltungsgericht vollkommen ignoriert wurden. Dies war nicht bloß ein esoterischer Hinweis. Es ist vielmehr so, dass – allgemein bekannt – ein gesundes Immunsystem Viren jeder Art weniger Angriffsfläche bietet und daher vor einer krankmachenden biologischen Reaktion im Wirt schützt. Das den Coronaverordnungen zugrundeliegende Konzept, die sozialen Kontakte grundsätzlich auf ein Minimum zu reduzieren, ist daher schon nicht geeignet, Gesundheitsgefahren durch das SARS-CoV-2 Virus abzuwehren.
RA Friedemann Däblitz, [12.12.20 01:12]
- Massenpsychologisch und massenmedial sich gegenseitig verstärkende Eindrücke einer allgemein sehr bedrohlich wirkenden Lage durch das SARS-CoV-2 Virus haben bei der rechtlichen Beurteilung einer Maßnahme, die das Versammlungsrecht einschränkt, vorliegend sogar in seinem Wesenskern berührt, außen vor zu bleiben. Ohne auch nur einen Infektionsvorfall durch eine Versammlung aus der Vergangenheit zu benennen, lässt es sich bei nüchterner Betrachtung nicht nachvollziehen, wenn aus diesem “Nichts” ein nahezu sicherer Eintritt eines Schadens für die Zukunft abgeleitet werden soll.
Schließlich habe ich versucht, dem VGH Kassel eine „goldene Brücke“ zu bauen: Es wäre davon auszugehen, dass sowohl das OVG Bremen als auch das Bundesverfassungsgericht am vergangenen Wochenende eine andere (als die ablehnende) Entscheidung getroffen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft nur 1 von 7.000 Infektionen im Freien stattfindet.
RA Friedemann Däblitz, [12.12.20 12:11]
[Weitergeleitet aus KANAL Markus Haintz, Rechtsanwalt & Bürgerrechtler (Markus Haintz)]
„OVG / VGH Bautzen (Dresden) und Kassel (Frankfurt) haben die Beschwerden beide zurückgewiesen.“
Gegen beide Beschlüsse wird ein Eilantrag zum Bundesverfassungsgericht eingereicht.
RA Friedemann Däblitz, [12.12.20 12:12]
Das BVerfG hat wieder – wie schon vorige Woche – Probleme mit dem Faxgerät. Obwohl Ralf Ludwig und ich beide unterschiedliche Geräte nutzen, d.h. die Probleme liegen auf Seiten des Gerichts. Nur die Anträge sind vollständig dort in Bearbeitung, die Anlagen kommen bislang nicht heil durch.
RA Friedemann Däblitz, [12.12.20 12:15]
Möglicherweise melde ich demnächst eine Großdemonstration in Karlsruhe an, Motto: „Wir fordern eine zeitgemäße Kommunikationsinfrastruktur für die Hüterin der Verfassung“
Fakenews bei der FAZ: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht entschieden, dass das Demonstrationsverbot für die „Querdenker“ nicht deren Grundrechte verletzte. Es hat lediglich entschieden, dass es nicht entscheidet.
Schön ist aber die Publicity für das „Positionspapier der Gesellschaft für Aerosolforschung“, mit dem sich erfreulicherweise sogar der VGH Kassel auseinandergesetzt hatte. Danach findet nur 1 aus 7.000 Infektionen im Freien statt.